Studieren in reformierten Studiengängen

Moderation: Claudia Manz (ZQ)

Lena Gross (Universität Mainz): Studentische Strategien im Umgang mit Studienstrukturen

Die Einführung der Bachelor- und Masterstudiengänge stellt Studierende vor eine neue Studiensituation. Sie müssen sich mit veränderten Studienbedingungen auseinandersetzen und ihr Verhalten darauf abstimmen. Mit der Vergabe von Leistungspunkten wird ein Zusammenhang von Zeitaufwand und Studienerfolg impliziert, während unterschiedliche Lerntempi und individuelle Verhaltensweisen nicht berücksichtigt werden.Im Rahmen des vom BMBF geförderten Forschungsprojekts ZEITLast wurden umfangreiche Zeitbudgetstudien mit Studierenden unterschiedlicher Studiengänge durchgeführt. Anhand der über ein Semester täglich erfassten Daten können die Aktivitäten der Studierenden in Form von Wochenplänen rekonstruiert werden. Die Wochenpläne zeigen, dass Studierende ihre Arbeitswochen sehr unterschiedlich organisieren. Ergänzende Befragungen weisen zudem darauf hin, dass Studierende sich unabhängig von ihrem Studienzeitaufwand unterschiedlich stark belastet fühlen. Auf diesen Ergebnissen aufbauend wurde mit Hilfe der sequenzanalytischen Auswertung von Interviews der Frage nachgegangen, welche Deutungsmuster Studierende im Umgang mit den Studienstrukturen entwickelt haben und wie sich ihr Verhalten auf der Grundlage individueller Einstellungen und Handlungsmuster erklären lässt.

Meike Enchelmaier, Alexa Maria Kunz (Universität Bielefeld): Prüfungsleistungen als zentrale zeitliche Institutionen im Studium –Empirische Befunde aus der Zeitbudgetstudie „My Agenda“

Mit der Präsentation von Ergebnissen der Studie „My Agenda“, einer repräsentativen Studierendenbefragung zur Zeitbudgetierung und zum Zeitempfinden von Studierenden am Karlsruher Institut fürTechnologie (KIT), soll ein empirischer Beitrag zur Studierendenforschung im Allgemeinen und zur Diskussionum den Bologna-Prozess sowie die damit verbundenen zeitbezogenen Faktoren im Besonderen erbracht werden. Im Rahmen zweier Online-Befragungen in der vorlesungsfreien Zeit konnten mittels neuer und eigens dazu entwickelter Erhebungsinstrumente konkrete Erkenntnisse sowohl über die Zeitverwendung und die Prüfungsleistungen als auch das Belastungsempfinden der KIT-Studierenden gewonnen werden. Anhand eines Zeitempfindungsmodells, das ausgehend vom empirischen Material entwickelt wurde, lässt sich zeigen, dass Prüfungsleistungen die zentrale zeitliche Institution im Studiumdarstellen – ein wichtiges Ergebnis insbesondere in Zeiten der Diskussion um Kompetenzorientierung in der Lehre, Kompetenzmessung und damit einhergehenden Prüfungsformen. Neben grundlegenden Einsichten zur Zeitverwendung von Studierenden sowie studienrelevanten Zeitinstitutionen können diese Erkenntnisse ausgehend von der Prüfungsthematik mitunter wichtige Hinweise zur (Um-)Strukturierung von Curricula liefern.

Christoph Schwarzl (Wirtschaftsuniversität Wien): Evaluation der Entwicklung berufsrelevanter Handlungskompetenzen im Masterstudium Wirtschaftspädagogik an der Wirtschaftsuniversität Wien

Für das Masterstudium Wirtschaftspädagogik an der WU Wien wurden Learning Outcomes auf Programmebene formuliert und als zentrale Ausbildungszielefestgelegt. In diesem Beitrag sollen Teilergebnisse aus der, die Implementierung des Studiums begleitenden, Evaluationsstudie dargestellt werden, insbesondere zur Entwicklung der beruflichen Handlungskompetenzen der Studierenden im Laufe des Studiums. Für diese Studie wurden die ersten beiden Jahrgänge des Studiums (N=45) über die Studiendauer wiederholt mit Fragebögen befragt. Die eingesetzten Instrumente decken sowohl die Bereiche Methoden-,Personal- und Sozialkompetenz wie auch den Bereich der Fachkompetenz ab. Die Analyse der Daten weist auf besondere Stärken der Studierenden im Bereich der Sozialkompetenzen sowie auf eine große Stabilität der erstgenannten Kompetenzbereiche im Zeitablauf hin. Bezüglich der Fachkompetenz der Studierenden zeigt die Einschätzung der Kompetenzen in weiten Teilen positive Entwicklungen. Bei ausgewählten Aspekten können Input-seitige curriculare Änderungen der Studiengestaltung anhand der vorliegenden Daten empirisch sehr deutlich nachvollzogen und somit wichtige Daten für die Weiterentwicklung des Studienprogramms gewonnen werden.

Moderation: Katharina Haas (ZQ)

Stefan Aufenanger (Universität Mainz): Bologna revisited – von der Studienstruktur zu den Lehr- und Lernmethoden

Der Bolognaprozess wurde an den deutschen Hochschulen überwiegend als eine Veränderung der Studienstruktur behandelt. Zu wenig hat man sich – so die These – Gedanken zu veränderten Lehr- und Lernstrukturen gemacht. Anhand des vom BMBF geförderten Projektes „ZEITLast – Lehrzeit und Lernzeit: Studierbarkeit der BA-/BSc- und MA-/MSc-Studiengängen als Adaption von Lehrorganisation und Zeitmanagement unter Berücksichtigung von Fächerkultur und Neuen Technologien“ wurde diese Problematik aufgegriffen und innovativ umgesetzt. In dem Lehrangebot der Medienpädagogik am Institut für Erziehungswissenschaft wurde im BA- als auch im MA-Studiengang Erziehungswissenschaft mit dem Schwerpunkt Medienpädagogik zum einen eine problemorientierte Methode für den didaktischen Ansatz gewählt, zum anderen aber auch die Lehrveranstaltungen auf eine Blockstruktur umgestellt. Dabei werden Themen nicht mehr parallel in verschiedenen Seminaren bearbeitet, sondern sind sequentiell in Blöcken von mehreren Wochen angeordnet.Dieses ermöglicht ein intensives Arbeiten mit einer Abprüfung am Ende jedes Themenblocks. Dieses Modell wurde begleitend evaluiert. Dazu wurden zum einem Lernzeiten im Tagesablauf von Studierenden durch die Tagebuchmethode erfasst, zum anderen wurde die Zufriedenheit und das Zeitmanagement der Studierenden erhoben. Ein Vergleich mit einer parallelen Seminargruppe zeigt, dass die Lernorganisation als auch die Zufriedenheit bei der Blockstruktur größer als bei der Vergleichsgruppe ist. Der Vortrag stellt zum einen die veränderte Lehr-/Lernstruktur, zum anderen aber auch die Ergebnisse der begleitenden Evaluation vor und bettet beides in aktuelle hochschuldidaktische Diskussionen ein.

Karin Reiber, Sascha Mosbacher (Hochschule Esslingen): Evidenzbasierte Studiengangentwicklung auf der Basis von Absolventen/-innen-Befragungen: Der empirische Beitrag von Verbleibstudien für hochschuldidaktische Forschung und Entwicklung

Verbleibstudien können neben Ihrer Steuerungsfunktion bezüglich der Passung zwischen Hochschulbildung und Beschäftigungssystem als empirische Forschungsmethode genutzt werden, um summativ Lehr-/Lernprozesse im Studienverlauf mit Blick auf ihren Outcome und dessen Anschlussfähigkeit im Beschäftigungssystem zu untersuchen. Über eine Befragung von AbsolventInnen zur aktuellen Situation im jeweiligen Tätigkeitsfeld können Verbleibstudien dazu dienen, Studiengänge evidenzbasiert weiter zu entwickeln. Der Beitrag stellt eine aktuelle Verbleibstudie vor, die im Rahmen eines drittmittelgeförderten Forschungsprojektes (MWK Baden-Württemberg) als Kooperationsprojekt zweier Fachhochschulen in Baden-Württemberg durchgeführt wird. Es werden allgemeine und – auch für andere Studiengänge – relevante Dimensionen erfasst wie Studium, Berufseinmündung, berufliche Weiterentwicklung sowie die rückblickende Bewertung des Studiums. Hierbei ist das Forschungsprojekt und -design und somit auch das Erhebungsinstrument von besonderem Interesse. Weiterhin werden Fragen der Validität von AbsolventInnen-Befragungen sowie der Realisierung von Verbleibstudien diskutiert. Der Beitrag zielt darauf ab, dieses Forschungsformat anschlussfähig zu machen für die Lehr-/Lernforschung im Rahmen der Hochschuldidaktik.

Tatjana Rudi, Kerstin Burck, Cornelia Frings (Universität Mainz): Kompetenzorientierung von Lehre: Hat der Typ der Lehrveranstaltung einen Einfluss auf das Ausmaß des Kompetenzerwerbs in Lehrveranstaltungen?

Im Zuge des Bologna-Prozesses wird von den Hochschulen erwartet, dass sie den Studierenden über das Fachwissen hinaus weitere Kompetenzen wie Methoden- und Selbstkompetenzen vermitteln. Dabei wird häufig angenommen, dass unterschiedliche Veranstaltungstypen (z.B. Vorlesung vs. Seminar) unterschiedliche Aktivierungsgrade beinhalten und damit auch verschiedene Kompetenzen (z.B. Fach- vs. Methodenkompetenz) unterschiedlich stark fördern.Ob dies tatsächlich der Fall ist, ist bislang aber kaum empirisch untersucht worden. Das Forschungsreferat geht daher der Frage nach dem Einfluss des Typs der Lehrveranstaltung auf den Kompetenzerwerb in Lehrveranstaltungen nach. Um die Frage nach dem Effekt des Lehrveranstaltungstyps beantworten zu können, wird zunächst ein allgemeines Modell des Kompetenzerwerbs entwickelt, das die Einflussfaktoren sowie deren Beziehungen untereinander expliziert. Anschließend werden mit Blick auf die Effekte des Lehrveranstaltungstyps spezifische Hypothesen entwickelt. Hieran schließt sich die empirische Überprüfung des Modells und der Hypothesen in Form von Mehrebenenanalysen an. Als Datengrundlage dienen Lehrveranstaltungsbefragungen der Universität Mainz.